Maat et joot, ihr Legenden!

„Kannst du was Lustiges für die Karnevalszeitung schreiben? Vielleicht aus deiner Zeit als Sitzungspräsident?“ Diese Frage stellte mir die Redaktion dieser Zeitung im November 2024. Wenige Tage später, einen Tag vor der Prinzenproklamation der Session 24/25, schockte eine traurige Nachricht uns Herschbacher: Hartmut Pfeifer war überraschend gestorben. Ob Karnevalist oder nicht, wer Hartmut nicht kannte oder wenigstens von ihm gehört hatte, ging entweder nie auf die Straße oder lebt mit Scheuklappen. Als Aktiver im Herschber Karneval kam man an ihm ohnehin nicht vorbei. Zu sehr hatte Hartmut die vergangenen Jahrzehnte geprägt – unter anderem in seiner Zeit als Sitzungspräsident. Wer ihm nachfolgte, der wusste: Um auch nur annähernd so gut zu werden wie er, muss ich mich anstrengen. Hartmut hatte die karnevalistische Latte noch mal höher gehängt. Drüberspringen war kaum möglich, aber wenigstens mit den Fingern berühren wollten wir sie. Ob Guido, ich oder aktuell Philipp. Wir haben wahrscheinlich alle irgendwann schon mal gedacht: Wie würde Hartmut das jetzt machen? 

Ich werde nie vergessen, wie Hartmut wenige Minuten vor meiner ersten Sitzung im Saal zu mir kam, mir die Hand auf die Schulter legte und sagte: „Du machs dat schon!“ Und nach meiner letzten Sitzung zehn Jahre später kam er erneut: „Häste goot gemacht!“ Sieben Worte und jeweils ein verschmitzt-stolzes Lächeln, mehr brauchte es nicht. Den Grundstein haben schon Karnevalisten und Sitzungspräsidenten vor Hartmut gelegt, aber er hat das Haus stabil weitergebaut, und wir durften weiter Steine drauflegen. HP Hausbau eben … nur auf närrische Art.

„Schreib mal was Lustiges.“ Ne, geht gerade irgendwie nicht. Aber lustig wird’s, wenn ich an ihn denke – und an all die anderen, die in den letzten Jahren von uns gegangen sind. An all die Legenden, die die Herschber Fastnacht zu dem gemacht haben, was sie bis heute ist: Anlaufstelle für Jung und Alt, von Mini-Amazonen bis Möhnen, für Prinzengarden und Elferräte, für (Kinder-)Prinzessinnen und (Kinder-)Prinzen – und für alle die, die einfach nur närrisch feiern wollen. 

Natürlich erinnert man sich in erster Linie an diejenigen, die man persönlich kannte und die einen auf dem eigenen (karnevalistischen) Weg begleitet haben. Ich denke an Bernd Weiand, einen der größten Büttenredner, die Herschbach je hatte. Mit einem gottgegebenem Wortwitz. Der Mann (er)fand Reime, die wären selbst Heinz Ehrhard nicht eingefallen. Vor Sitzungen nicht einfach, aber dann war er da. Genie und Wahnsinn, aber auch Frohsinn – in einer Person.

Ich denke an Manfred Schuy. Das Wichtigste für einen Sitzungspräsidenten während der Sitzung? Eine Band, die auf den Punkt da ist, und ein Bandleader, der ein Gespür für die Situation hat. Wir beide mussten uns erst finden, aber irgendwann auch nur noch anschauen, um zu wissen, was der andere gerade wollte. Tusch für dich, Manni!

Ich denke an Frank „Bordel“ Stein. Ich glaube, ich habe kein einziges Mal nicht gelacht, wenn wir uns trafen. Heinz „Schuttel“ Adolf – immer irgendwie da. Mal kritisch, mal lobend. Kein vordergründiger Witz, aber ein Humor so trocken wie ein leeres Glas Pils. Apropos eigener, grandioser Humor: Hans-Paul Ley. Der Mann, der sein Stottern zum Kult machte. Ob mit Schirmchen in der Hand und ohne. Ich denke an Karl Brach, an Hans-Jürgen Krah, ans „Männlein“ Norbert Andermann, an Köth’s Alvis, an Klaus Bienewald – und bin gleichzeitig schockiert, wie lang die Liste schon ist. 

Und wer diesen Text liest, der wird jetzt denken: „Da hast du aber noch einige vergessen, Linne!“ Ja, habe ich. Aber denkt gerne weiter an dieser Stelle, schmunzelt, lacht und verdrückt ein Tränchen oder zwei.   

Im Nachhinein einiger unserer Sketche mit meinem Elferrat damals, gab es auch immer mal wieder kritische Stimmen. Wir würden auf der Bühne alteingesessene Herschbacher veralbern. Dazu sage ich: Parodieren kann man nur Typen oder jemanden, der in irgendeiner Weise unseren Ort geprägt hat. Leute, zu denen mir nichts einfällt, kann ich nicht „veralbern“. Aber leider werden diese „Originale“, wie wir sie auch nennen, gefühlt immer weniger.   

„Oh leeever Jott!“ Ja, bei dem seid ihr jetzt. Ob ich glaube, dass es einen Himmel gibt? Oh ja! Und mir gefällt der Gedanke, dass es dort oben ein Veedel gibt, in dem immer Karneval ist. Ich stell mir vor, ich geh die Treppe hinauf „Zur Himmlischen Dorfschänke“. Rolf „Bies“ Wassmann macht die Tür auf: „Hey kimmte! Wat hot ihr gister Omend wirrer ver en Sauerei gemacht in der Hall?“, fragt er mich und zwinkert mir gleichzeitig zu.  Drinnen riechts nach Bier, Zigaretten und Frikadellen. Und hinten am Tisch sitzen sie: spielen Gitarre, Bass und Quetschkomood, singen, lachen, halten Büttenreden und winken mir zu. „Komm, setz dich! Trink doch äne mit.“

Für oos Herschber Fastnacht. Maat et joot, ihr Legenden!

Marius Schenkelberg

Klaus Bienewald

Hans Paul Ley

Heinz Adolf

Karl Brach